Von einem „überraschenden Extremschlag“ und einem „Risiko-Spiel des Teams um Robert Stanjek“ ist auf SR die Rede. Die Einstein-Crew sieht das wesentlich entspannter. Lächelnd sagt Robert: „There was a Chance which opened and we took it.“
Ich sehe das anders als SR, denn Regattasegler verstehen unter einem Extremschlag, einen von der Kurslinie stark abweichenden Kurs. Ein Extremschlag der Einstein ist also nicht zu erkennen. wohl aber haben die anderen vier Imocas sich extrem weit von der Kurslinie entfernt und sind dadurch ein hohes Risiko eingegangen. Wir erinnern uns, dass vier Boote einen Ostkurs segelten, der sie bei niedrigster VMG dem Ziel kaum näherbrachte und ihnen einen Rückstand von 80 sm gegenüber der Einstein bescherte
Sicher kann es gefährlich sein, einen anderen Kurs als die Konkurrenz zu segeln, aber ein Schlag genau in Richtung der Kurslinie kann eigentlich so gut wie nie verkehrt sein und wird daher auch in jedem Lehrbuch empfohlen.. Anzeichen dafür, dass ein Ostkurs Vorteile bringen würde, gab es m.E. nicht. Ich war daher über den extremen Ostkurs, der auf dem folgenden Bild zu sehen ist. ziemlich entsetzt.
Ich denke, dass SR die Taktik zu sehr aus dem Blickwinkel eines Jollenseglers betrachtet. Auf einer Kurzstrecke sollte man in der Nähe der Gegner bleiben. Auf Langstrecken gelten jedoch andere Regeln. Man segelt auch nachts und mit den grossen Schiffen ist es schwierig, den Gegnern zu folgen oder sie in Schach zu halten. Wer bsw. die letzte Vendee Globe verfolgt hat, konnte doch sehen, dass unterschiedlich Kurse, z.B. nach dem Passieren von Kap Finisterre keineswegs ungewöhnlich sind. Auch Jean Le Cam hat stets einen eigenen, oft eigenwillig erscheinenden, erfolgreichen Kurs gesegelt. Jeder sucht seine Chance und wählt den seiner Meinung nach günstigsten Kurs. Siehe die folgende Grafik.
Vendee Globe 2020-11-10 Jeder sucht seine Chance und wählt den seiner Meinung nach günstigsten Kurs.
Hier sehen wir in der Tat einen Extremschlag der Bureau Vallee, der erwartungsgemäss erfolglos blieb.