Erklärung des Lamboley-Tests

Technik + Trimm für Finn-Einsteiger + Fortgeschrittene
User avatar
GER 110
Posts: 1976
Joined: 15. September 2005 16:38
Your Boat and Sail-Number: G
Location: Porta Westfalica

Erklärung des Lamboley-Tests

Unread post by GER 110 »

Gründe für die Einführung des Lamboley-Swingtests

1950
Die im September 1950 erstmals in schwedischer Sprache erlassenen Class-Rules enthielten ausschliesslich Bestimmungen über die Holzbauweise mit Karweelbeplankung, die aufgrund gleichmässiger Plankenstärken zu einer konstanten Dicke der Beplankung führte.

Dies gilt wohl auch für die später aus formverleimtem Sperrholz hergestellten Boote.

1961
Der Ärger begann 1961.
Mit der Zulassung glasfaserverstärkten Kunststoffes als Rumpfmaterial liessen sich aufgrund unterschiedlicher Laminatstärken Finnrümpfe herstellen, die im Bug- und Heckbereich sehr leicht waren. Der vertikale Schwerpunkt wurde durch Materialkonzentration im Unterwasserschiffsbereich nach unten verlagert.

Diese Boote erwiesen sich als schneller, da der hydrodynamische Widerstand in der Welle aufgrund schwächerer Stampf- oder Nickbewegungen geringer war.
Die Wirksamkeit des Riggs wurde gesteigert, da Mast und Segel ruhiger im Wind standen.

Um Chancengleicheit herzustellen und im Interesse langlebiger Finnrümpfe war die Finnklasse gezwungen, neue Vermessungsbestimmungen einzuführen.

1962/1964
Die Rule Changes von 1962/1964 sollten das Finn wieder so nahe wie möglich an das Karweel beplankte Boot angleichen, indem das Buggewicht vorgeschrieben und ermittelt wurde.:
1963-1.jpg
1963-1.jpg (110.47 KiB) Viewed 7797 times
Quelle: Finnlog 1


Ein bei Spant 3 unterstützes Boot musste ein Buggewicht von mind. 21 kg. aufweisen.
(Messwert meines Pearsson-Finns = 22,68 kg)
1963-2.jpg
1963-2.jpg (45.43 KiB) Viewed 7797 times
Quelle: Finnlog 1


Die vertikale Gewichtsverteilung wurde ebenfalls vorgeschrieben und bei der Vermessung überprüft:
Auf die Scheuerleiste (Schandeck) gestellt, durfte das Boot mit allen Ausgleichsgewichten max. 50 cm von der vertikalen Fläche balancieren.
(Messwert meines Pearsson-Finns = 390 mm.)

1972/1973
1973 wurde vom Chairman Technical Committee Gilbert Lamboley der Pendeltest zur Bestimmung der Massenverteilung eingeführt, und zwar angeblich um Doppelbodenboote sowie die Sandwichbauweise zu ermöglichen und um die Vermessung einfacher und schneller zu gestalten.
1972-1.jpg
1972-1.jpg (61.56 KiB) Viewed 7795 times
Quelle: Finnlog 1

User avatar
GER 110
Posts: 1976
Joined: 15. September 2005 16:38
Your Boat and Sail-Number: G
Location: Porta Westfalica

Re: Lamboley Pendeltest

Unread post by GER 110 »

Das Prinzip des Pendeltests

180px-Pendel.jpg
180px-Pendel.jpg (4.82 KiB) Viewed 7794 times
Merke: Die Periodendauer des Pendels ist von der Fadenlänge und der Erdbeschleunigung, jedoch nicht von der Masse abhängig.

Die Periodendauer berechnet sich nach der Formel
97159dc681932c3b38fbddb743d53875.png
(699 Bytes) Downloaded 423 times

Merke: Durch Messung der Periodendauer lässt sich die Pendellänge, d.h. der Abstand vom Drehpunkt zum Schwerpunkt der Pendelmasse ermitteln.

Dies gilt auch für das Finn, das wir uns hilfsweise als masselosen Stab mit einer Länge von 2·p = 2,20 m vorstellen, der in der der Mitte (Gewichtsschwerpunkt G) drehbar gelagert ist und an beiden Polen als Punktmassen jeweils 58 kg (116 kg : 2 = 58 kg) trägt.
Der Trägheitsradius p entspricht dem Hebel, an dem die punktförmig konzentrierte Gesamtmasse des Bootes bei einer Drehbeschleunigung um die Achse das gleiche Trägheitsmoment (Wider­and gegen die Drehbeschleunigung) wie der Bootsrumpf erzeugen würde.

Durch Messung der Periodendauer lässt sich also die Lage der Pole (dyn. Schwerpunkte) der beiden beidseitung des Gewichtsschwerpunktes G befindlichen Bootshälften und somit auch der Trägheitsradius p ermitteln.
Dieser ist also ein Mass für die Massenverteilung unseres Bootes.
Je kleiner der Trägheitsradius, desto leichter sind die Enden des Bootes.
Nach den aktuellen Finn-Class Rules soll er mindestens 1100 mm betragen.
Prinzip2.jpg
Um die Unbekannten a und p zu ermitteln benötigen wir zwei Gleichungen, die aus der Formel für das Physische Pendel abgeleitet werden:
Phys-Pendel.jpg
Phys-Pendel.jpg (48.96 KiB) Viewed 7762 times
Wir messen die Periodendauer daher mit zwei unterschiedlichen Aufhängungen, die sich um 200 mm in der Höhe unterscheiden.
image006.gif
image006.gif (381 Bytes) Viewed 7790 times
image007.gif
image007.gif (681 Bytes) Viewed 7789 times
Wir können jetzt a und p berechnen oder oder
per Nomogramm (Messbriefheft) den Trägheitsradius p ermitteln und den Abstand des vertikalen Schwerpunktes a von der Rumpfunterseite berechnen.
P1050018b.jpg
P1050018b.jpg (173.07 KiB) Viewed 7787 times
Beispiel:

T1 = 3,33 sec
T2 = 3,76 sec

Daraus ergibt sich laut Nomogramm ein Trägheitsradius von 1165 mm
und eine Höhe des Gewichtsschwerpunktes von 228 mm oberhalb der
Rumpfunterseite.

User avatar
GER 110
Posts: 1976
Joined: 15. September 2005 16:38
Your Boat and Sail-Number: G
Location: Porta Westfalica

Re: Lamboley Pendeltest

Unread post by GER 110 »

Swinging in Marblehead
Peter Hinrichsen
(in Marblehead fand der Goldcup 2001 statt.)

Erfahrungen, Erklärungen, Schlussfolgerungen


http://www.finnclass.org/interestingstuff/swingtest.htm

http://www.velaverbano.it/flotta_dinghy ... amento.htm
------------------------------------------------------------------------------------
Gilbert Lamboley

Pendulum Test

http://lamboleyetudes.net/finnpendule.pdf

User avatar
GER 110
Posts: 1976
Joined: 15. September 2005 16:38
Your Boat and Sail-Number: G
Location: Porta Westfalica

Re: Erklärung des Lamboley-Tests

Unread post by GER 110 »

lambo-4.jpg
"The gyradius squared is then the average of the squares of the radii of the mass of each part of the boat.
The pitch gyradius is then a measure of the weight distribution, i.e. how far the weight is from the CG.
As far as the pitching motion is concerned, the hull can be thought of as a dumbbell with two ends, each of half the hull mass, and at the gyradius either side of the CG, as shown in figure 1.
Adding weight anywhere closer to the CG than the gyradius the dumbbell shrinks and your gyradius becomes less, while if you add mass at the bow and stern, i.e. farther from the CG than the gyradius, then it will increase.
If you want to reduce the gyradius then first think of weight which is as far from the axis as possible, i.e. for a whole Finn at the top of the mast. Taking away 100 gm there, i.e. from the sail headboard, will have the same effect on pitching as removing 800 gm from the transom.

Quelle: http://www.finnclass.org/interestingstuff/swingtest.htm

User avatar
GER 110
Posts: 1976
Joined: 15. September 2005 16:38
Your Boat and Sail-Number: G
Location: Porta Westfalica

Re: Erklärung des Lamboley-Tests

Unread post by GER 110 »

Für Classiker mit älteren Messbriefen:

Messbriefauszug meines 1980er Hein-Finns:
P1040896.JPG
(119.08 KiB) Downloaded 423 times
P1040894.JPG
(109.11 KiB) Downloaded 423 times
P1040901.JPG
(110.55 KiB) Downloaded 423 times
1980 galt:

Gewichtsschwerpunkt Lambda mind 2000, max. 2250 Abstand vom Heck

Gewichtsschwerpunkt vertikal mind. 210 mm oberhalb der Kieles (Rumpfunterseite)

Trägheitsradius (radius of gyration) mind. 1140 - max. 1300 mm

Heute gilt:

(c) Dimensions minimum maximum
Distance λ.........................................................2100 mm .... 2290 mm
Distance h from underneath the hull (keel bands
excluded) to the centre of gravity (see H.3).....................210 mm
Radius of gyration ρ .............................................1100 mm

User avatar
GER 110
Posts: 1976
Joined: 15. September 2005 16:38
Your Boat and Sail-Number: G
Location: Porta Westfalica

Re: Erklärung des Lamboley-Tests

Unread post by GER 110 »

Weitere Informationen zum Pendeltest bzw. den Vermessungsbestimmungen:

1973
Um die ab 1961 mit leichteren Enden gebauten GFK-"Mogelfinns" nicht "herausfallen" zu lassen, legte man als min. Trägheitsradius zunächst 1100 mm fest.

1974
Im 74er Rule-Book wurde das Rumpfgewicht (früher 105 kg ohne Bodenbretter) nicht mehr festgeschrieben, sondern nur noch das minimale Gesamtgewicht (145 kg ohne Segel) vorgeschrieben. Durch dickere, schwerere Schwerter und den Doppelboden sank der vertikale Schwerpunkt gegenüber Holzbooten.
Die Vermessunsgbestimmungen erlaubten bis zu 10 kg Ausgleichsgewichte.
Das Mindest-Rumpfgewicht wurde erst wieder ab 1993 festgeschrieben.

Gegenüber Holzbooten, deren Trägheitsradius laut Laszlo Zsindely bei 1200 bis 1250 mm lag, lagen die Massenschwerpunkte bei den GFK-Finns bis zu 15 cm näher an der Bootsmitte bzw. dem Gesamtschwerpunkt.
Holzboote waren somit nicht mehr wettbewerbsfähig und es erfolgte ein schneller Wechsel hin zu den neuen mit Doppelboden ausgestatteten GFK-Finns.

(Anmerkung: Somit erklärt sich auch, warum ich in 2008 auf dem Dümmer bei 4-5 Bft mit dem Raudaschl-Holzfinn nicht ganz mithalten konnte. Bei weniger Wind scheint der Holzboot-Nachteil weniger gross zu sein.)

1976
Weil die Finn-Hersteller darüber klagten, dass der Trägheitsradius von 1100 mm aufwändig zu produzieren sei, wollte die IFA den Radius auf 1150 mm heraufsetzen.
Die IYRU genehmigte schliesslich 1140 mm.

Ausserdem wurde das vor wenigen Jahren im Zuge der Zulassung von Carbonwerkstoffen auf 3,2 gesenkte Mindestgewicht des Ruders wieder auf 4.0 kg angehoben. Die IYRU zeigte sich darüber befremdet.
Innerhalb der IFA gab es unterschiedliche Auffassungen über eine weitere Senkung des Bootsgewichtes.

1993
Gewichte von Rumpf, Mast, Baum u. Ruder werden nun einzeln gemessen. Die Schwertvorderkante darf angeschärft werden und die Lage des Mastloches wurde freigegeben.

1995
Mastgewicht von 10,5 kg auf 8 kg gesenkt.

1996/1997
Rumpfgewicht um 5 kg gesenkt. Kielbänder bis auf das Vordere entfallen.
8mm Schwert vorgeschrieben.

2002
Pendeltest:
"The peak to peak movements of the bow shall remain between 200mm and 160mm during the time when the period of oscillation is measured."

Vorher galt: "The oscillations shall be small but should not become damped in less than about 100 periods."

Kommentar:

Hat die unterschiedliche Auslenkung aufgrund der Dämpfung (Luftwiderstand von Vordeck und Heck) eigentlich einen Einfluss auf die Schwingungsdauer und den Trägheitsradius ?

Überstehende Scheuerleisten führen bei einigen Modellen übrigens zu einer grösseren Dämpfung, d.h. zu einer grösseren Schwingungsdauer.
Der wahre Trägheitsradius wäre somit kleiner als der Gemessene.

User avatar
GER 110
Posts: 1976
Joined: 15. September 2005 16:38
Your Boat and Sail-Number: G
Location: Porta Westfalica

Lamboley

Unread post by GER 110 »

lambo-2-B.jpg
lambo-4.jpg

User avatar
GER 110
Posts: 1976
Joined: 15. September 2005 16:38
Your Boat and Sail-Number: G
Location: Porta Westfalica

Re: Erklärung des Lamboley-Tests

Unread post by GER 110 »

Gilbert Lamboley: "The mass distribution of a boat a seems to be even more important than the mass itself."


Schwerpunkte, Trägheitsmomente der Finn-Komponenten
Quelle; Swinging in Marblehead - Peter Hinrichsen

Component Gewicht Gyradius Moment of Inertia
Lamboley Test kg m kgm2 %
Hull, C/B, hooks etc. 122.75 - 1.100 148.5 - -
Finn - Am Wind Kurs
Rumpf 106.34 1.16 147.1 52.5
Mast 8.00 1.77 73.4 26.2
Segel 2.38 1.84 25.0 8.91
Ruder 3.98 0.44 19.3 6.87
Baum 5.60 0.98 5.92 2.11
Schwert down 11.11 0.31 5.16 1.84
Paddel 0.57 0.29 1.95 0.69
Kompass 1.41 0.04 0.91 0.32
Painter 0.23 0.03 0.77 0.27
Bailer 0.14 0.01 0.47 0.17
Pinnenverl. 0.23 0.01 0.34 0.12
Grosschot 0.91 0.08 0.03 0.01
Total Finn 140.9 1.41 280.3 100

Rumpf 52 % Anteil am Trägheitsmoment
Mast 26,2 %

Carbon-Kopfbrett 100 g leichter als Aluversion entspricht 10 mm Trägheitsradius

Paddel unterm Traveller statt im Heck-Tank entpricht 7 mm

Painter, Bailer und Lunch (1kg) unterm Traveller entspricht ca. 7 mm

User avatar
GER 110
Posts: 1976
Joined: 15. September 2005 16:38
Your Boat and Sail-Number: G
Location: Porta Westfalica

Re: Erklärung des Lamboley-Tests

Unread post by GER 110 »

Fortsetzung folgt !

Bitte eventuelle Kommentare H I E R veröffentlichen.

Post Reply